Stellungnahme zur Planung des Baugebiets Nägelesee-Nord.
Die hohe Attraktivität Freiburgs und seiner Umlandgemeinden hat zu einer Explosion der Immobilien und Mietpreise geführt. Es gibt einen wahren Run auf die wenigen angebotenen Wohnungen. Von uns Grünen wurde in den letzten Jahren immer eine Innenentwicklung gefordert. Deren Möglichkeiten sind jedoch begrenzt. Aber wie lässt sich erschwinglicher neuer Wohnraum für die vielen Menschen schaffen, die so gern in Gundelfingen wohnen wollen? Günstigen und ökologisch nachhaltigen Wohnraum zu schaffen ist keine einfache Sache und es müssen neue Wege beschritten werden, um dies zu realisieren. Bevor gebaut wird, wird geplant. Dabei muss bedacht werden, wie die Ortsmitte vom Verkehr entlastet werden kann, wie die Mobilität in Gundelfingen zukünftig gestaltet werden soll, ob Erweiterungen In Schulen und Kindergärten nötig sind und wo die Schwerpunkte, Veränderungen und Innovationen im neuen Wohnquartier liegen werden.
Wir akzeptieren und respektieren die wachstumskritische Haltung, aus Umwelt- und Klimaschutzgründen kein e neuen Flächen zu versiegeln. Auch hierfür gibt es insbesondere in globaler Perspektive gute Argumente und es fällt nicht leicht, hier die richtige Entscheidung für die Gemeinde vor Ort zu treffen. Unter Einbeziehung weiterer Nachhaltigkeitsaspekte, wie insbesondere die Frage einer sozialen, solidarischen Gesellschaft votiert die Mitgliedschaft in Gundelfingen mehrheitlich dafür, das neue Quartier
nur unter klaren Vorgaben und Bedingungen zu unterstützen.
Wir sind der Meinung, dass die Schaffung von erschwinglichem Wohnraum klimaneutral gestaltet werden kann, mit einer an der Zukunft ausgerichteten Mobilität, die den Autoverkehr bewusst stark beschränkt und den Umweltverbund deutlich bevorzugt. Das Bürgerbegehren hat die Diskussion in eine breitere Öffentlichkeit getragen; das ist sehr gut und hilft uns allen, Pro und Contra während des Planungsprozesses intensiv zu diskutieren.
Das vom Gemeinderat beschlossene Baulandmodell ermöglicht der Gemeinde weit reichende Einflussmöglichkeiten. Sie müssen jetzt genut zt werden, mit dem Mut, neue Wege zu gehen. Wir müssen auf der lokalen Ebene bei allen Entscheidungen stets überlegen, wie der Ausstoß von Treibhausgasen minimiert werden kann, wie sonst kann dies global gelingen.
Wir halten aus ökonomischen und ökologischen Gründen eine durchgängig mehrgeschossige Bebauung von Eigentums und Mietwohnungen für erforderlich. Aufgrund der begrenzten Flächen wollen wir dafür sorgen, dass möglichst viele Wohnungen entstehen, aber auch viel Raum für gesellschaftliches Leben entsteht. Es sollen Grundstücke für Baugruppen junger Familien und weitere Mehrgenerationen Häuser bereitgestellt werden. Um auch für Familien mit geringem Einkommen bezahlbare Wohnung zu schaffen, halten wir eine 30-%-Quote für sozialen Wohnungsbau für erforderlich.
Um Nägelesee-Nord mit vielfältigem sozialem Leben zu füllen, müssen entsprechende bauliche Voraussetzungen geschaffen werden.
So dient öffentlicher Freiraum im Quartier der Begegnung und dem Austausch der Bewohner. Pflanzgebote für viele Dutzend Bäume müssen festgesetzt und der nördliche Ortsrand begrünt werden. Unser Vorschlag ist eine breite Grünzone, bepflanzt mit klimaangepassten heimischen Gehölzen, kombiniert mit Rückhaltemulden für Regenwasser und Spielangeboten.
Den beliebten Spielplatz mit seinem schönen Baumbestand und den Skateboard Platz an der Bahn sollten wir erhalten oder an anderer Stelle mit derselben Qualität zur Verfügung stellen.
Ein Verkehrskonzept für Gundelfingen unter besonderer Berücksichtigung des zusät zlichen Baugebiets steht bisher noch aus. Ziel muss es sein, die Lebensqualität zu erhöhen und den innerörtlichen PKW Verkehr und damit den CO2 Ausstoß zu reduzieren. Dieses Konzept muss von einem innovativ ausgerichteten Büro erstellt werden. Eckpunkte sind eine Verbesserung der ÖPNV-Anbindung mit Erhöhung der Taktfrequenz und insbesondere die Verlängerung der Straßenbahn. Hier gilt es, die derzeit hohen Fördersätze auszuschöpfen. Diese Chance darf nicht vergeben und muss jetzt genutzt werden. Für den Fuß- und Radverkehr müssen optimale Bedingungen geschaffen werden.
Gesetzlich ist es möglich, je nach Qualität der ÖPNV Anbindung max. 0,5 bis 0,8 Stellplätze pro Wohneinheit auszuweisen. Einen Schlüssel von 1,5 Stellplätzen je Wohneinheit ist u. E. schon lange nicht mehr zeitgemäß. Hierzu sollten Quartiersgaragen erstellt und zudem mindestens eine übergangsweise oberirdisch angelegt werden. Die Baukosten für einen Tiefgaragenstellplatz betragen bis zu 30.000 Euro, das erhöht den Kaufpreis bei z.B. einer 75 qm Wohnung um 400 € pro qm.
Klimaneutralität für Nägelesee-Nord bedeutet eine Energieversorgung mit einem zeitgemäßen Wärmenetz, höchstmögliche Dämmstandards und eine Pflicht zur Nutzung von Photovoltaik. Mit Hilfe eines Klimagutachtens kann ermittelt werden, welche Maßnahmen zur Durchlüftung und gegen eine Aufheizung getroffen werden müssen. Ebenso soll die Verwendung nachhaltiger Baustoffe im Vordergrund stehen und Lärmschutz für die erste Gebäudereihe gewährleistet sein.
Die Konzeptvergabe ermöglicht der Gemeinde, die vom Gemeinderat erarbeiteten Standards umzusetzen und die Qualität des neuen Baugebiets zu steuern. Wir fordern die Bildung einer Vergabekommission aus Vertretern der Verwaltung, Fraktionen, sachkundigen Bürgern und externen Prozessbegleitern. Auch sind wir für einen engen Austausch mit dem Freiburger Planungsstab des Dietenbach Geländes. Hiervon können wir alle lernen: unsere Verwaltung, alle Prozessbeteiligten und wir Bürger. Wir können uns an Freiburg orientieren und unseren durchaus vorhanden en Gestaltungsspielraum voll ausnutzen. Eine externe Prozessbegleitung durch die Rüdiger Kunst KommunalKonzept GmbH begrüßen wir sehr.
Ein „Ja“ des Ortsverbandes von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Planung eines neuen Baugebiets wird es nur geben:
- wenn der Planungsprozess für die Straßenbahnverlängerung mit einem klaren Votum vom Gemeinderat auf den Weg gebracht wurde;
- wenn ein Verkehrskonzept eine eindeutige Priorisierung des Fuß und Radverkehrs sowie des öffentlichen Nahverkehrs gegenüber dem motorisierten Individualverkehr enthält;
- wenn keine neuen Straßen für den PKW Verkehr gebaut werden;
- wenn verbindlich beschlossen wurde, dass vom Planungsträger ein zukunftsweisendes Energiekonzept zur Klimaneutralität vorgelegt werden muss;
- wenn der Anteil an geförde rten Wohnungen im Gebiet auf mindestens 30% festgelegt wird.
Jetzt ein klimaneutrales Quartier mit viel Raum für Jung und Alt, viel Platz zum Leben, einer Straßenbahn in Fußentfernung und sehr wenig Platz für Autos auf den Weg bringen, dafür setzen wir uns von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein.