Haushaltsrede 2024

Sehr geehr­ter Herr Bür­ger­meis­ter,
Gemein­de­rä­tin­nen und ‑räte und Mit­ar­bei­ten­de der Ver­wal­tung,
sehr geehr­te Bür­ge­rin­nen und Bürger,

wir beschlie­ßen heu­te über den Haus­halt unse­rer Gemein­de für das Jahr 2024 und neh­men dies zum Anlass, für einen kur­zen Rück­blick auf 2023 und einen Aus­blick auf das vor uns lie­gen­de Jahr 2024.

Wenn wir die­ser Tage die Nach­rich­ten sehen oder die Zei­tung lesen, erfah­ren wir schreck­li­che Din­ge über die Situa­ti­on in der Ukrai­ne oder im Nahen Osten; auch im Febru­ar erle­ben wir Tem­pe­ra­tu­ren, die deut­lich über dem lang­jäh­ri­gen Mit­tel lie­gen. Sie könn­ten sich jetzt fra­gen, war­um ist das für Gun­del­fin­gen rele­vant oder war­um erwäh­nen die Grü­nen die­se The­men bei ihrer Haushaltsrede?

Eini­ge Aspek­te dazu:

  1. Wir haben viel Grund zur Dank­bar­keit: Die meis­ten von uns hier in Gun­del­fin­gen leben gut bis sehr gut, wir soll­ten daher wei­ter­hin soli­da­risch die­je­ni­gen zu unter­stüt­zen, die hier und an ande­ren Orten unse­re Unter­stüt­zung brau­chen. Kon­kret den­ke ich hier an die Gun­del­fin­ger Ukrai­ne­hil­fe und die neu­en Unter­künf­te, die für Geflüch­te­te gebaut wer­den. Wir Grü­nen sind sehr froh dar­über, wie kon­struk­tiv der gesam­te Rat und die Ver­wal­tung bei der Unter­brin­gung zusam­men­wir­ken und hof­fen sehr, dass die Bür­ger­schaft unser Vor­ge­hen wei­ter­hin unter­stützt. Bedan­ken möch­ten wir uns ins­be­son­de­re bei den­je­ni­gen, die ehren­amt­lich mit gro­ßem Enga­ge­ment dazu bei­tra­gen, dass die Men­schen bei uns hei­misch wer­den kön­nen.
    Für eine gelin­gen­de und ziel­ge­rich­te­te Inte­gra­ti­on von Geflüch­te­ten und woh­nungs­lo­sen Men­schen braucht es mehr per­so­nel­le Res­sour­cen. Dies führt zu höhe­ren Kos­ten für ein Inte­gra­ti­ons­ma­nage­ment der Gemein­de, das die­sen Namen auch verdient.
  2. Der Kli­ma­wan­del ist eine nicht mehr zu leug­nen­de Tat­sa­che, der wir uns gemein­sam stel­len müs­sen. Als Kom­mu­ne sind wir auf­ge­ru­fen, den öffent­lich Raum, den Ver­kehr und die wei­te­re Orts­ent­wick­lung sowie Neu­bau­ten öko­lo­gisch zu gestal­ten. Als Bür­ge­rin­nen und Bür­ger soll­ten wir uns der Fra­ge stel­len, wie wir unse­ren Ener­gie- und Res­sour­cen­ver­brauch deut­lich redu­zie­ren kön­nen, z.B. Ener­gie­spa­ren, Müll­ver­mei­den, Fahr­rad oder ÖPNV statt Auto fah­ren. Die Kom­mu­ne kann dies durch Infor­ma­tio­nen und Hil­fe­stel­lun­gen unterstützen.
  3. Auch in Gun­del­fin­gen zeigt sich der Kli­ma­wan­del durch mehr Hit­ze im Som­mer, feh­len­den Schnee im Win­ter und ver­än­der­te Nie­der­schlä­ge im Jah­res­ver­lauf. Wir müs­sen uns dar­auf ein­stel­len und uns ver­stärkt auf mög­li­che Stark­re­gen­er­eig­nis­se oder Wald­brän­de vor­be­rei­ten. Es braucht mehr Rück­hal­te- und Ver­si­cke­rungs­mög­lich­kei­ten auf öffent­li­chen und pri­va­ten Flä­chen sowie einen spar­sa­men Umgang mit dem immer kost­ba­rer wer­den­de Wasser.
  4. Sehr bedau­er­lich fan­den wir Grü­nen, das die Mehr­heit der Gun­del­fin­ge­rin­nen und Gun­del­fin­ger die Auf­nah­me der Pla­nung zur Stra­ßen­bahn­ver­län­ge­rung beim Bür­ger­ent­scheid abge­lehnt hat. Selbst­ver­ständ­lich haben wir die­ses demo­kra­ti­sche Ergeb­nis akzep­tiert. Wir wer­den uns bei der Aus­ar­bei­tung eines guten ÖPNV-Kon­zep­tes ein­brin­gen und FW, SPD und CDU dabei an Ihr gro­ßes E‑Bus-Ver­spre­chen erin­nern. Der Zweck­ver­band Regio­nal­ver­kehr hat im letz­ten Jahr mehr­fach betont, dass er nicht für E‑Busse in Gun­del­fin­gen zustän­dig ist, dar­an wer­den auch erneu­te Gesprä­che des Bür­ger­meis­ters mit dem ZRF nichts ändern.
    Die VAG wird ihre gestie­ge­nen Kos­ten für Fah­re­rin­nen und Fah­rer sowie Ener­gie und das Deutsch­land­ti­cket an die Kom­mu­nen als Trä­ger des ÖPNV wei­ter­rei­chen. Bei den anste­hen­den Ver­hand­lun­gen wird die VAG daher von der Gemein­de Gun­del­fin­gen viel Geld für eine ver­bes­ser­te E‑Bus-Tak­tung ver­lan­gen. Wir Grü­ne sehen daher die Gefahr, dass die Gemein­de gro­ße Mühe haben wird, das bestehen­de Bus-Ange­bot auf­recht­zu­er­hal­ten, geschwei­ge denn die­ses aus­zu­wei­ten.
    Wir haben im Vor­feld des Bür­ger­ent­schei­des klar auf die­se Tat­sa­chen hin­ge­wie­sen. Nun liegt es an der Mehr­heit des Rates aus FW & Co., den gro­ßen Wor­ten Taten fol­gen zu las­sen und das not­wen­di­ge Geld für attrak­ti­ve­ren ÖPNV im knap­pen Gemein­de-Haus­halt bereitzustellen.
  5. Wei­ter­hin ver­fol­gen wir Grü­nen das Ziel, den Fahr­rad­fah­rern und Fuß­gän­ge­rin­nen sowie dem ÖPNV Vor­rang im öffent­li­chen Raum zu geben. Wir Grü­ne füh­ren kei­nen Krieg gegen das Auto, wie uns poli­ti­sche Geg­ner unter­stel­len, aber wir hal­ten die geprie­se­nen Elek­tro-Autos nicht für der Weis­heit letz­ten Schluss, weil sie eben­so wie kon­ven­tio­nel­le Fahr­zeu­ge vie­le Res­sour­cen ver­brau­chen und viel öffent­li­chen Raum beanspruchen.

Für 2024 und die fol­gen­den Jah­re haben sich Rat und Ver­wal­tung viel vor­ge­nom­men, um das schö­ne Gun­del­fin­gen mit gro­ßen Pro­jek­ten wei­ter­zu­ent­wi­ckeln. Wir Grü­nen tra­gen das meis­te davon mit, stel­len an der einen oder ande­re Stel­le aber auch kri­ti­sche Fragen:

  1. Die räum­li­che Situa­ti­on der Feu­er­wehr muss end­lich ver­bes­sert, der geplan­te Anbau an das vor­han­de­ne Gebäu­de ist sinn­voll und alter­na­tiv­los. Die Feu­er­wehr ist eine der wich­tigs­ten Auf­ga­ben der Kom­mu­ne und wir wer­den als Rat wei­ter­hin gemein­sam dafür Sor­ge tra­gen, dass sie für ihre viel­fäl­ti­gen Auf­ga­ben und mög­li­che Gefah­ren­la­gen gut gerüs­tet ist. Wir kön­nen sehr froh sein, dass es in Gun­del­fin­gen vie­le Frei­wil­li­ge und eine akti­ve Jugend gibt.
    Vie­len Dank an die­ser Stel­le an die Kame­ra­din­nen und Kame­ra­den der Gun­del­fin­ger und Wild­tä­ler Feu­er­wehr für Ihren wert­vol­len Dienst!
  2. Viel Arbeit wur­de bereits inves­tiert in die Pla­nung der neu­en Grund­schu­le, vie­len Dank dafür an die­ser Stel­le an die Schul­lei­tung, enga­gier­te Eltern und Räte sowie die Ver­wal­tung, die gemein­sam inhalt­li­che Grund­la­gen für die neue JPH als Ganz­tags­schu­le gelegt haben. Der Archi­tek­ten­wett­be­werb hat gute Ergeb­nis­se gebracht und nun sind wir gespannt auf die Detail­pla­nung.
    Nicht ver­schwie­gen sei­en an die­ser Stel­len jedoch auch die gro­ßen Schwie­rig­kei­ten, die noch vor uns lie­gen, ins­be­son­de­re bei der Finan­zie­rung des geplan­ten Neu­baus. Mit wie­viel Zuschüs­sen kann die Gemein­de rech­nen, wie ent­wi­ckeln sich die Bau­kos­ten, wie vie­le Con­tai­ner braucht es für den unge­stör­ten Unter­richt wäh­rend der Bauphase?
  3. Das neue Bau­ge­biet Näge­le­see Nord: Wir Grü­ne haben uns schwer getan mit der Ent­schei­dung für das neue Bau­ge­biet und erin­nern an die bei­den Knack­punk­te vor dem Bür­ger­ent­scheid. Nach wie vor fehlt ein über­zeu­gen­des Ver­kehrs­kon­zept und es besteht die gro­ße Gefahr, dass täg­lich noch mehr Autos durch die Orts­mit­te fah­ren. Her­aus­for­dernd bleibt ange­sichts der Preis­ent­wick­lung und des Gemein­de­haus­hal­tes die geplan­te Bereit­stel­lung von attrak­ti­ven Wohn­raum für alle Men­schen und Ein­kom­mens­grup­pen. Durch gute Bau­pla­nung und städ­te­bau­li­che Ver­trä­ge wol­len wir für eine energie‑, res­sour­cen- und flä­chen­scho­nen­de Bau­wei­se sor­gen und ein öko­lo­gi­sches Vor­zei­ge-Wohn­quar­tier für alle Men­schen errichten.
  4. Klar Nein sagen wir Grü­nen zu den Über­le­gun­gen der drei ande­ren Frak­tio­nen bezüg­lich eines neu­en Gewer­be­ge­bie­tes jen­seits der B3 und wer­den dies zum The­ma im Kom­mu­nal­wahl­kampf machen. Wir dür­fen nicht noch mehr wert­vol­le Flä­chen beto­nie­ren, zumal die­se für den Moos­wald mit sei­nen Tie­ren bedeut­sam sind und bei Stark­re­gen über­schwemmt wer­den kön­nen.
    Um die genann­ten und wei­te­re Pro­jek­te umzu­set­zen, braucht es neben viel Geld auch das geeig­ne­te und moti­vier­te Per­so­nal in der Ver­wal­tung ins­be­son­de­re im Bau­amt. Den Abgang des kom­pe­ten­ten und enga­gier­ten Bau­amts­lei­ters bedau­ern wir Grü­nen sehr und bedan­ken uns bei Herrn Seitz für die sehr gute Zusammenarbeit.

Die Vakanz in der Bau­amts­lei­tung wird die Umset­zung der oben genann­ten Pro­jek­te deut­lich erschwe­ren und ver­zö­gern. Bei der guten Beset­zung die­ser und ande­rer Posi­tio­nen sehen wir auf­grund des Fach­kräf­te­man­gels, aber auch des ram­po­nier­ten Rufs unse­res Rat­hau­ses eini­ge Pro­ble­me und neh­men den Bür­ger­meis­ter in die Pflicht, die­se in Abspra­che mit dem Rat zeit­nah zu lösen.

Ver­mut­lich waren die bis­he­ri­gen Plä­ne zu ambi­tio­niert und wir müs­sen die­se gemein­sam anpas­sen. Als Basis für wei­te­re Dis­kus­sio­nen im Rat erwar­ten wir vom Bür­ger­meis­ter einen kon­kre­ten Vor­schlag, wie die geplan­ten Pro­jek­te umge­setzt wer­den kön­nen unter Berück­sich­ti­gung ein­ge­gan­ge­ner Ver­pflich­tun­gen, der per­so­nel­len Kapa­zi­tä­ten des Bau­am­tes und der finan­zi­el­len Lage der Gemeinde.

Erlau­ben sie mir abschlie­ßend ein paar Bemer­kun­gen zum Haus­halt und zur finan­zi­el­le Lage von Gundelfingen:

Auf­grund der stei­gen­den Kos­ten für das Per­so­nal und das wei­ter aus­ge­bau­te Ange­bot zur Kin­der­be­treu­ung beschlie­ßen wir heu­te im drit­ten Jahr in Fol­ge einen Haus­halts­plan mit einem Defi­zit, das durch Rück­la­gen aus guten Vor­jah­ren aus­ge­gli­chen wer­den kann. Es ist jedoch abseh­bar, dass die Rück­la­gen schwin­den, die auch für die vie­len Inves­ti­tio­nen gebraucht wer­den. Gun­del­fin­gen kann für sei­ne lau­fen­den Auf­ga­ben nicht dau­er­haft mehr aus­ge­ben, als über Steu­ern und Abga­ben ein­ge­nom­men wird.

Noch ist die finan­zi­el­le Lage der Kom­mu­ne gut und die Pro-Kopf­ver­schul­dung ver­gleichs­wei­se gering, aber bei­des wird sich in den nächs­ten Jah­ren deut­lich ver­schlech­tern, denn zur Finan­zie­rung der genann­ten Pro­jek­te wer­den umfang­rei­che Kre­di­te not­wen­dig. Zins und Til­gung aber auch die Abschrei­bung wer­den eine deut­li­che Belas­tung für den lau­fen­den Haus­halt und den zukünf­ti­gen Spiel­raum deut­lich ein­schrän­ken. Die Kom­mu­ne kann durch den Ver­kauf von kom­mu­na­len Grund­stü­cken Erlö­se erzie­len und die­se zur Finan­zie­rung zum Bei­spiel der Grund­schu­le ein­set­zen, soll­te die­se Mög­lich­keit jedoch nur maß­voll ein­set­zen. Aus Sicht der Grü­nen soll­te beim Flä­chen­ver­kauf nicht der maxi­ma­le Erlös das ent­schei­den­de Kri­te­ri­um sein, son­dern die öko­lo­gi­sche und sozia­le Qua­li­tät der zukünf­ti­gen Nutzung.

Abschlie­ßen möch­ten wir mit Wor­ten des Dan­kes an alle Mit­ar­bei­ten­den der Ver­wal­tung für ihre täg­li­che Arbeit und an alle Mit­glie­der des Rates für das gemein­sa­me Rin­gen um gute Lösun­gen für unse­ren schö­nen Ort. Wir Grü­nen wer­den im Gun­del­fin­ger Rat das uns­ri­ge dazu bei­tra­gen und wün­schen es uns von den übri­gen Mit­glie­dern, dass wir uns trotz inhalt­li­cher Dif­fe­ren­zen gegen­sei­tig zuhö­ren, die Mei­nung der ande­ren wert­schät­zen und auch bei Aus­ein­an­der­set­zun­gen mensch­lich mit­ein­an­der umge­hen. Dies soll­te unter Demo­kra­ten selbst­ver­ständ­lich sein und erscheint gera­de mit Blick auf die anste­hen­de Kom­mu­nal­wahl im Juni 2024 sehr wichtig.

Die Frak­ti­on der Grü­nen stimmt dem vor­ge­leg­ten Haus­halts­plan für 2024 zu.

Vie­len Dank!