Der grüne Ortsverband Gundelfingen – Wildtal verzichtet auf eine Wahlempfehlung. Wir haben stattdessen den beiden ernsthaften Bewerbern für die Bürgermeisterwahl Fragen zu einigen brennenden Themen für Gundelfingen und Wildtal gestellt.
Die Antworten der beiden Kandidaten – Marco Kern bzw. Raphael Walz – sind nachfolgend dargestellt und geben jedem und jeder die Möglichkeit, sich selbst ein Bild zu machen und am 16. Oktober 2022 informiert zur Wahl zu gehen.
Themenfeld Klimaschutz, Klimaanpassung und Mobilität
Gundelfingen hat ein Klimaschutzkonzept. Was werden Sie tun, um dieses Konzept umzusetzen?
Marco Kern | Raphael Walz |
---|---|
Der Gemeinderat hat am 24.06.2021 die Umsetzung des Klimaschutzkonzeptes samt Maßnahmenkatalog beschlossen, daher verstehe ich die Frage nicht. Als Bürgermeister habe ich die Beschlüsse des Gemeinderates zu vollziehen (§ 43 Abs. 1 GemO). Für mich gibt es jedoch in Sachen Klimaschutz einige Ansatzpunkte die schneller verfolgt werden sollten. Die größten Treibhausgasemissionen erfolgen in den privaten Haushalten und dem Verkehrssektor. Eigenheimbesitzer*innen und Gewerbetreibende gezielt auf Fördermöglichkeiten von Gebäudedämmung, PV-Anlagen und Solarthermie mittels Energieberatungen hinzuweisen, kann in Zusammenarbeit mit den Gemeindewerken schneller gehen. Beim Repowering der Windkraftanlagen am Roßkopf würde ich mir ein weiteres Windrad auf unserer Gemarkung wünschen. Ein neues Windrad sorgt für ca. 34% des Gundelfinger Stromverbrauchs, daher halte ich zur jetzigen Zeit den Eingriff in die Natur für vertretbar. | Die Klimaschutzmanagerin kennt Ihre Aufgaben. Sie wird diese entsprechend der im Konzept definierten Prioritäten in Abstimmung mit mir umsetzen. Ich kontrolliere die Umsetzung. |
Wann wird der Sonneplatz umgestaltet, verkehrsberuhigt und begrünt?
Marco Kern | Raphael Walz |
---|---|
Für mich gilt es zunächst die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung zu analysieren und Umgestaltungsvorschläge durch mehrere Fachbüros einzuholen. Gleichzeitig sollten die Fördermöglichkeiten für eine Umgestaltung geprüft werden, damit die Kosten für die Gemeinde gering sind. Die Verkehrsberuhigung lässt sich aktuell ohne Landkreis nicht einfach umsetzen, was ich zukünftig mit dem Antrag als untere Verkehrsbehörde gerne ändern möchte. In diesem Zusammenhang steht für mich auch der Pflasterbelag der Ortsmitte auf dem Prüfstand. Die Frage wann lässt sich daher nur mit »so schnell als möglich« beantworten, alles andere wäre unseriös. | Die Ideenwerkstatt und der Fußverkehrscheck haben uns ausreichend Hinweise gegeben, wie der Sonneplatz in Zukunft aussehen soll. Auf dieser Basis wird nun eine Konzeptstudie von der AG Freiraum erarbeitet. Der Auftrag ist bereits erteilt. Wir gehen es an. Auch die Anträge von den Grünen und der CDU zielen in diese Richtung. |
Was tun Sie dafür, dass Nägelesee-Nord CO2-neutral gebaut wird?
Marco Kern | Raphael Walz |
---|---|
Auch hier ist der Auslobungstext für das Baugebiet Nägelesee-Nord durch den Gemeinderat verabschiedet worden. Inhalt: »Vor dem Hintergrund der allgemeinen Zielsetzungen zum Klimaschutz soll ein energetisch vorbildliches Baugebiet entstehen mit einer stimmigen Kombination energieeffizienter Gebäudestandards und der Nutzung regenerativer Energien mit dem Ziel einer Klimaneutralität. Ein bedeutsamer Beitrag zum Klima und Umweltschutz muss im städtebaulichen Konzept und den Prinzipien des Entwurfs selbst liegen. Dazu gehören kurze Wege, flächensparende Bauformen und hochwertige Grünflächen. Die Ausloberin erwartet innovative Energiekonzepte.« Der Gemeinderat hat sich gemeinsam für die Inhalte des Auslobungstextes ausgesprochen, welche es zu verfolgen gilt. | Durch klaren Vorgaben in einem Energiekonzept. Gespräche mit dem Fraunhofer-Institut waren sehr vielversprechend. Ein hoher Energiestandard gepaart mit einer Photovoltaik-Anlage und kalter Nahwärme sorgt für eine regenerative Energieversorgung. Die Förderung ökologischer Baustoffe, wie Holz, Stroh, Lehm und Recyclingbeton werden wir in der Konzeptvergabe bevorzugen. |
Wo sollen Ausgleichsflächen für die mit Nägelesee-Nord verbundenen ökologischen Eingriffe gefunden werden?
Marco Kern | Raphael Walz |
---|---|
Das hängt von verschiedenen Faktoren ab. Es gibt im bisherigen Gutachten mehrere genannte Möglichkeiten für Ausgleichsflächen. Neben dem Biodiversitätskonzept erfolgt eine Biotopverbundplanung, deren Ergebnisse zunächst abgewartet werden sollten. In den weiteren Verfahrensschritten bezüglich Nägelesee-Nord, sollte spätestens bei Aufstellung des Bebauungsplanverfahrens der richtige Mix aus ökologischen Maßnahmen und geeigneten Grundstücken erfolgen. Die Gemeinde verfügt bereits über geeignete Grundstücke im Außenbereich, welche für mich eine Rolle spielen könnten. | Es gibt im Offenland zwischen Heuweiler und Gundelfingen und im Norden entlang der Alten B3 ausreichend Ausgleichsflächen. |
Setzen Sie sich dafür ein, dass Nägelesee-Nord ein autofreies bzw. autoarmes Quartier wird?
Marco Kern | Raphael Walz |
---|---|
Auch hier hat der Auslobungstext bereits folgenden Inhalt: »… es ist vorstellbar, dass Teile des Gebietes autofrei sein werden.«. Mit den geplanten sozialen Einrichtungen im Gebiet, halte ich ein autofreies Quartier nicht für umsetzbar, ein autoarmes Quartier hingegen schon. Im Rahmen des Bürgerentscheides hat die Gemeinde mit reduziertem Autoverkehr geworben, sich nicht daran zu halten liegt mir völlig fern. | Ja, Nägelesee-Nord muss ein mindestens autoarmes Quartier werden. Nach meinen Vorstellungen werden lediglich Lieferdienste, Behindertenparkplätze, Rettungsdienste und Carsharing-Fahrzeuge ins Quartier fahren können. In Quartiersgaragen wird der Verkehr gebündelt. Längere Wege zum Auto fördern den Umstieg auf Rad und ÖPNV. |
Wenn das derzeit in Erarbeitung befindliche Mobilitätskonzept ergibt, dass die Weiterbau der Straßenbahn durch Gundelfingen notwendig ist – werden Sie dann offensiv dafür eintreten?
Marco Kern | Raphael Walz |
---|---|
Unabhängig des in Erarbeitung befindlichen Mobilitätskonzeptes möchte ich in Sachen Straßenbahn während der ersten Dienstjahre Klarheit haben. Das Mobilitätskonzept wird Ihnen keine Aussagen darüber geben, was die Straßenbahn in Bau und Unterhaltung kosten wird. Die mir bekannten Unterlagen und Angaben sind zu alt, damit ich hier eine verlässliche Aussage geben kann. Ich bin aber offen für eine Straßenbahn und kein Verfechter gegen die Straßenbahn, wie es schon dargelegt wurde. Allerdings sollte allen bewusst sein, dass eine Straßenbahnverlängerung das Ortsbild massiv ändern wird. | Das ist eine hypothetische Frage. Die Straßenbahn ist sicher eine Möglichkeit Menschen zum Umstieg auf ÖPNV zu bewegen. Bis die Straßenbahn kommt braucht es unbedingt einen eng getakteten E‑Bus in Richtung Ortsmitte, Bahn und Straßenbahn. |
Welche Schritte würden Sie dann konkret für den Weiterbau der Straßenbahn unternehmen?
Marco Kern | Raphael Walz |
---|---|
Zur Straßenbahn benötigt es Zahlen, Daten und Fakten. Diese sind so transparent wie möglich einzuholen und darzustellen. Das Thema Straßenbahn und deren Auswirkung auf Gundelfingen ist für mich, analog zum Thema Nägelesee-Nord, ein bedeutendes Thema für einen Bürgerentscheid. Dies wären für mich zunächst die nächsten Schritte. | Aktualisierung der Planung. Dann intensive Diskussionen und eine BürgerInnenumfrage. Spricht sich eine Mehrheit für die Straßenbahn aus, werde ich mich nach Kräften für die Umsetzung im Entscheidungsgremium, der Verbandsversammlung des ZRF einsetzen. Hierbei ist mein gutes Netzwerk von Vorteil. |
Themenfeld Wohnen, Soziales, Bildung, Geflüchtete
Welche Ideen haben Sie, um – jenseits von Neubau – bezahlbaren Wohnraum in Gundelfingen zu generieren?
Marco Kern | Raphael Walz |
---|---|
Das Gundelfinger Baulandmodell ist nur ein Instrument. Leerstand ermitteln, Zweckentfremdungen angehen, den Bestand an sozialen Wohnungen erfassen und pflegen bis hin zum qualifizierten Mietspiegel als Preisbremse. Auf lange Sicht muss die Gemeinde in einen größeren Bestand von eigenen Immobilien kommen, d.h. kaufen, umbauen, aufstocken und günstig vermieten. Für mich wünschenswert ist eine gemeindeeigene Wohnungsbaugesellschaft, für welche ich mich neben den eigenen Gemeindewerken stark machen werde. | Bereits heute haben wir in der Blumenstraße, der Alten Bundesstraße 10 und beim Waldfriedhof geschafft, wichtige Weichen für bezahlbaren Wohnraum im Bestand zu schaffen. Auch durch den Erwerb vorhandener Bausubstanz bestehen noch Potentiale. Daneben gibt es noch wenige weitere Grundstücke, auf denen die Gemeinde den Vorrang der Innenentwicklung vor der Außenentwicklung voranbringen wird. Zudem ist die Förderung von Dachgeschossausbauten und die Beseitigung von Leerstand über die Zweckentfremdungssatzung ein Hebel um Potentiale im Bestand zu generieren. Auch die Überbauung von großen Parkplatzflächen, wie der Hermetic oder der Metro bieten Potentiale. |
Wie bewerten Sie in dieser Hinsicht die derzeitige Bilanz des gemeindeseitigen Kümmerns um Leerstand?
Marco Kern | Raphael Walz |
---|---|
Der »gemeindeeigene Kümmerer« ist namentlich Herr Kraushaar. Herr Kraushaar ist bei mir im Hauptamt als Mitarbeiter tätig und generiert Wohnraum zur Flüchtlings- und Obdachlosenunterbringung. Da gibt es keine Bilanzen zum Thema Gebäude- oder Wohnungsleerstand. Alle anderen Aussagen entsprechen schlichtweg nicht der Realität. | Die Gemeinde hat bereits über 60 Wohneinheiten aus dem Leerstand generieren können. Durch die Zweckentfremdungssatzung die in Gemeinden unserer Größenordnung in der Region nach meinem Kenntnisstand einzigartig ist, haben wir ein weiteres Werkzeug. Zur konsequenten Behebung von Leerstand brauchen wir einen Leerstandsmanager, also eine zusätzliche Stelle in der Bauverwaltung. |
Die dezentrale Unterbringung Geflüchteter und Obdachloser in Gundelfingen und Heuweiler stößt offenbar an ihre Grenzen. Was wollen Sie hier konkret unternehmen?
Marco Kern | Raphael Walz |
---|---|
Die dezentrale Flüchtlingsunterbringung wird Leverkusener Modell genannt. Dieses Modell stößt jedoch bei hohen Flüchtlingsströmen auf seine Grenzen, was in vielen Kommunen spätestens im Jahr 2016 der Fall war. Es deutet sich bereits an, dass wieder eine Containerlandschaft im Gebiet Nägelesee-Nord errichtet wird. Auf längere Sicht muss die Gemeinde in einen größeren Bestand von eigenen Immobilien kommen. Entgegen dem Auf- und Abbau von Containerlandschaften, haben Bestandsimmobilien einen wesentlichen höheren Wert in der Nachnutzung. Die Gemeinde Heuweiler hat hier ihre Aufgaben in eigener Verantwortung zu erfüllen. | Die dezentrale Unterbringung ist ein großes Erfolgsmodell. Sie fördert die Integration. Dank des großartigen Engagements des Flüchtlingshelferkreises und durch Unterstützung der Gemeindeverwaltung mit Flüchtlingssozialarbeit konnten Menschen Perspektiven gegeben werden. Der Platz ist natürlich immer endlich. Deshalb bereiten wir uns, zur raschen Reaktion auf eine deutliche Steigerung der Flüchtlingszuweisungen durch eine Kooperation mit dem Landkreis in Nägelesee-Nord auf die Verschärfung der Situation vor. Auch der Erwerb von Bestandsbauten hilft uns. Neubau ist angesichts deutlicher Baukostensteigerungen und steigender Zinsen sowie langer Genehmigungsverfahren keine Lösung zur akuten Behebung der Situation. Zudem sind die Finanzen der Gemeinde endlich. |
Weiterhin kommen viele Geflüchtete aus der Ukraine nach Deutschland. Welche Ideen haben Sie, um Kinder und Jugendliche aus der Ukraine aufzunehmen und zu integrieren?
Marco Kern | Raphael Walz |
---|---|
Diese Frage stellt sich nicht nur jetzt für Kinder und Jugendliche aus der Ukraine. Wir haben eine Zuwanderung aus verschiedensten Ländern der Welt und müssen uns darauf einstellen. Eine große Rolle wird hierbei das soziale Miteinander in Kindergärten, Schulen und Vereinen spielen. Für mich notwendig ist ein proaktiver Sozialdienst der Gemeinde und mehr Veranstaltungen zur Aufklärung, wie z.B. den »Tag der Vielfalt«, welcher ein voller Erfolg war. Einen herzlichen Dank an den Initiator Herrn Kraushaar und allen Mitwirkenden. | Durch ehrenamtliches Engagement flankiert mit der Aufstockung der Personalstellen in der Flüchtlingssozialarbeit, im Gebäudemanagement und der Verwaltung. Auch durch die Einrichtung von Vorbereitungsklassen und kreativer Lösungen im Bereich der Kinderbetreuung. |
Stichwort Kinderbetreuung – dieses Jahr haben 30 Kinder keinen Kindergartenplatz bekommen. Welche Schritte werden Sie unternehmen, um eine am heutigen und zukünftigen Bedarf ausgerichtete Betreuung von Krippenkindern, Kindergartenkindern und Schulkindern zu gewährleisten?
Marco Kern | Raphael Walz |
---|---|
Schnelleres Handeln, wenn die Vorausplanungen nicht eintreten. Es war absehbar, dass mit der Verzögerung des Kinderhauses in der Reinhold-Schneider-Straße Betreuungsplätze fehlen werden. Der jetzt geplante Naturkindergarten hätte als Notlösung schon Ende 2021 zur Verfügung stehen sollen. Vielleicht wäre hier eine Entscheidung des Bürgermeisters an Stelle des Gemeinderates in dringenden Angelegenheit angebracht gewesen (§43 Abs. 4 GemO). Im Anschluss dürfen Notlösungen aber nur Notlösungen bleiben, was wir gegenwärtig in Summe leider zu viele haben. | Wir haben mit dem Naturkindergarten und dem Kinderhaus die Bedarfe in Kürze vollständig gedeckt. Zudem untersuchen wir bereits weitere Möglichkeiten zusätzliche Kinderbetreuungsangebote zu schaffen. Meine Idee ist ein Bauernhofkindergarten. Ein Landwirt hat bereits Interesse signalisiert. Bei den Schulkindern haben wir ebenfalls im Kinderhaus Platz für 2 Hortgruppen. Zudem werden wir den Gartenweg für die Schulkindbetreuung umbauen. Mit dem Beschluss für den Ganztag stellen wir mit einem weitgehenden Neubau der Grundschule die Weichen für die Zukunft. |