Die Innenverdichtung ist nicht tot 26. September 2020 Anmerkungen zur Position der Grünen-Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum neuen Baugebiet Nägelesee-Nord. Haben die Grünen in Gundelfingen vergessen haben, wofür sie einst angetreten sind? Die Zustimmung der Grünen Gemeinderatsfraktion zur Ausweisung des neuen Baugebietes Nägelesee-Nord wirft die Frage auf, ob denn die Grünen in Gundelfingen vergessen haben, wofür sie einst angetreten sind: Vermeidung neuer Baugebiete, die nur auf Kosten der Natur gehen, also ein Nein zum Flächenfraß für Betongold. Doch genau betrachtet, greift dieses Einander-gegenüberstellen vermeintlicher Gegensätze viel zu kurz: Seit den 1990er Jahren, in den Zeiten aufkeimenden Widerstandes der Gundelfinger Grünen gegen neue Baugebiete im Rand- oder Außenbereich, war Innenverdichtung noch kein allgemein gebräuchlicher Begriff: Im Innenbereich befindliche Freiflächen wurden noch gar nicht systematisch erfasst, um sie einer Nutzung zuzuführen. Man begann gerade erst, in diese Richtung zu denken. Ein Wachsen in die Breite fanden wir vor diesem Hintergrund verständlicherweise als ganz unnötige Naturzerstörung, war doch bereits erschlossenes Bauland da, das nur genutzt werden wollte. Die Situation ist nun eine andere 30 Jahre später ist die Situation eine komplett andere: Bauen im Innenbereich hat in den letzten Jahrzehnten weitgehend alle Baulücken geschlossen. Das Potenzial Innenverdichtung ist also bis auf einige private Gartenflächen ausgeschöpft. Wenn wir nicht wollen, dass weitere Familien aus Gundelfingen wegziehen, weil sie in unserer Gemeinde für sich keinen passenden Wohnraum mehr finden können, dann kommen wir an einem neuen Baugebiet nicht vorbei. Ein neues Baugebiet, das mit einer komplett anderen Herangehensweise an die Erschließung, mit einem komplett neuen Denken von Wohnen und sozialem Miteinander, mit neuen Ideen der Mobilität, mit einer begleitenden Bürgerbeteiligung einhergeht, anders als dies vor 30 Jahren der Fall war. Bei der Planung von Baugebieten in früheren Jahren in unseren Breiten wurde etwa der Verbrauch der Ressource Boden, das Versiegeln von Fläche eher als nachrangiges Problem verstanden. Von ressourcenschonenden, nachhaltigen Baumaterialien war damals ebenso keine Rede. Heute muss auch und gerade die Baubranche ihre Verantwortung bezüglich des Klimaschutzes wahrnehmen. Das ist heute, insbesondere im Schatten des Klimawandels und der damit notwendig gewordenen Anpassungen unserer Lebensweise an diese Herausforderungen komplett anders: Energieeffizienz und ökologische Standards werden nicht mehr als Kostenfresser abgetan, sondern sind elementare Bestandteile zeitgemäßen Bauens. Keine ignorante Naturzerstörung vergangener Erschließungsvorhaben, etwa weil Flächen nicht mehr mit einzelstehenden Häusern verschwendet werden. Stattdessen intelligente und flexible Mehrgeschossigkeit mit passenden Angeboten für alle Generationen. Sie schafft hohe Lebensqualität und fördert das soziale Leben. Die Vermeidung von Versieglung, wo nur möglich, diverse Flächenbegrünung an Fassaden, auf Dächern und Anpflanzgebote holen die Natur zum Wohle der Menschen in das neue Wohngebiet. Die Innenverdichtung ist nicht tot Aber auch die Innenverdichtung ist nicht tot. Sie ist auch weiterhin für uns nicht erledigt: Wir befürworten und unterstützen die Wohnraum-Allianz und die Initiative der Ministerin Frau Dr. Hofmeister Kraut, die ein Programm in Form eines Prämienmodells zur Aktivierung leerstehenden Wohnraums vorantreibt. Wir denken und handeln im Sinne der vom Gemeindetag Baden-Württemberg in die Diskussion eingebrachten Idee der „Kompakten Gemeinde“. Sind die Möglichkeiten der Innenverdichtung ausgeschöpft, soll ein Flächenmanager mithilfe eines Leerstands‑, Brachflächen‑, und Baulückenmanagements systematisch die verbliebenen örtlichen Potenziale analysieren und nutzbar machen. Wir schlagen auch vor, für Gundelfingen ein Neubaustatut zu erarbeiten, um auch auf Privatflächen Energieeffizienz, Bepflanzung und ein Minimum an Versiegelung zu erreichen. Fazit Man sieht, ein genauer Blick auf das Thema lohnt sich also, um zu erkennen, dass mit der Brille der 1990er Jahre, die Herausforderungen der Gegenwart nicht wirklich gemeistert werden können. Innenverdichtung und progressiv geplante Neubaugebiete, sowie Mobilität und soziales Miteinander müssen zusammen gedacht werden, um Wege aus dem Wohnungsmangel-Dilemma zu finden, ohne die Natur über die Maßen zu belasten. Bündnis90/Die Grünen Ortsgruppe Gundelfingenfür die FraktionEvi Tondré