Die Entscheidung, die historischen Gebäude „Sonne“ und Scheune vollständig für den Abbruch frei zu geben und den Bau einer Wohnanlage mit 5 großen Wohnkörpern zu ermöglichen, halten wir für die gravierendste und weitreichendste Fehlentscheidung des Gemeinderates seit Jahrzehnten, da sie wesentliche Kriterien erfolgreicher und verantwortlicher Gemeinderatstätigkeit außer Acht lässt. Dazu zählen wir:
Nachhaltigkeit,
Entwicklung von Gesamtkonzepten,
Erhalt von Identität stiftenden, charaktervollen Elementen in
Verbindung mit neuer,
mutiger Architektur,
Echte Bürgernähe, statt nur formaler Beteiligung.
Die fehlende Nachhaltigkeit sehen wir in der separaten Betrachtungsweise des Sonne – Areals. Für uns hätte am Anfang die Erstellung eines Masterplanes gestanden. Bei einer solchen Masterplandiskussion hätte man festgestellt, dass Sonne- und Murstehof- Areal planerisch zusammengehören, wobei Planen nicht mit Bauen gleichzusetzen ist. Am Ende solcher Überlegungen steht dann wirklich ein Gesamtkonzept, das diesen Namen auch verdient. Das jetzige Konzept der Gemeinde sieht vor, keinerlei Eigenmittel für dieses Projekt in Wildtal einzusetzen, sondern den Investor den Infrastrukturbeitrag ( Neue Sonne, Platz und Wege ) aus einer entsprechend hohen Baumasse erwirtschaften zu lassen.
Zusammen mit den sehr engagierten Bürgern und Fachleuten aus der Gemeinde und von außerhalb hätte man ein Entwicklungsziel für Wildtal erarbeiten können. So haben wir z.B. ein ganzes Jahr für eine Einladung des Scheunen – Fachmanns Willi Sutter in den Bau – Ausschuss oder in den Gemeinderat gekämpft, damit dieser dort sein Gutachten für die Wildtäler Scheune hätte vortragen und zur Diskussion stellen können. Auch hatte er sich mehrere Termine freigehalten, um den Mitgliedern des Gemeinderates vor Ort an seinen restaurierten Scheunen, die mehrfach prämiert wurden, seine Vorgehensweise bei solchen Objekten zu erklären. Ein Jahr lang wurde das strikt abgelehnt. Warum verschloss man sich diesem fachlichen Rat? Erst am 11. Januar 2011 durfte Herr Sutter tatsächlich im Bauausschuss seine Sicht der Dinge vortragen. Das vorausgegangene Gutachten von Herrn Architekten Hölken wurde in vielen entscheidenden Punkten widerlegt. Herrn Sutters Herangehensweise ist eine ganz andere, seine Kreativität war mit Händen zu greifen. So wurden anhand nachvollziehbarer Berechnungen die Kosten für einen Scheunenumbau um mehr als die Hälfte reduziert, ohne das dies auf erkennbare Resonanz im Gemeinderat gestoßen wäre. Man hatte sich in der Planung bereits vollkommen festgelegt. Diese Unbeweglichkeit war für uns unfaßbar.
Wir fragen uns:
Wieviel Eigenständigkeit gesteht man Wildtal in Zukunft noch zu?
Welche Rolle spielt der Eingemeindungsvertrag?
Wie sieht die demografische Entwicklung aus?
Brauchen wir andere Wohnformen?
Brauchen wir für Wildtal eine lebendige , identitätsstiftende Ortsmitte, damit im Alter die Wege kurz sind?
Brauchen wir Übernachtungsmöglichkeiten für Gäste?
Wir vermissen einen verantwortlichen Umgang mit den alten, ortsbildprägenden, charaktervollen Gebäuden, die ein Kulturgut darstellen.
Wir vermissen einen Architektenwettbewerb, der die Symbiose von Alt und Neu aufzeigen könnte.
Wir vermissen den Willen, auf die sehr engagierte Bürgerschaft zuzugehen und das als Gewinn und Chance zu sehen.
Das alles fand nicht statt, weil das Procedere von Anfang an festgezurrt war. Ohne Prüfung wurde behauptet, Sonne und Scheune seien nicht erhaltensfähig. Das war natürlich im Interesse des Investors, der kein Fachmann für die Restaurierung alter Gebäude ist und beim Kauf des Grundstücks davon ausgegangen war, alles abreißen zu können. An den von der Fa. Vucovic erstellten Plänen wurde nur noch Marginales verändert. Ein Alternativplan der Firma Vukovic, der den Erhalt der Scheune vorsah und einen niedrigeren Infrastrukturbeitrag für die Gemeinde erbracht hätte – immerhin noch 1 Mio. Euro ‑wurde nicht ernsthaft in Erwägung gezogen. Eine ergebnisoffene Weiterentwicklung – Fehlanzeige! Argumente wie « nicht erhaltenswert – zu groß – zu teuer – nicht im Besitz der Gemeinde – Konkurrenzsituation für Gundelfinger Betriebe « waren u.A. Scheinargumente.
Wir haben uns die letzten zwei Jahre ganz intensiv mit viel Herzblut für andere mögliche Lösungen eingesetzt. Allerdings hätte sich die Gemeinde finanziell beteiligen müssen, vielleicht zusammen mit einer Bürger-Genossenschaft. Sie hätte aber auch noch immer die Möglichkeit gehabt, in Zeiten niedriger Zinsen, das Grundstück ganz zu erwerben, um dann neu zu planen und zu vermarkten. Doch dazu haben ihr eindeutig der Mut und die Visionen gefehlt.
Wir stellen fest – viele Chancen wurden vertan! Wir akzeptieren die mehrheitliche Entscheidung des Gemeinderates, bedauern aber den nicht wieder gutzumachenden Verlust an Kulturgütern aufs Äußerste und sind tief betroffen
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